Neubewertung der Sonnenlichtexposition

Ein Plädoyer für eine ausgewogene Sicht auf Gesundheitsrisiken und -vorteile

Januar 2025
Neubewertung der Sonnenlichtexposition
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Dieser Artikel schlägt eine Neubewertung des derzeitigen Verständnisses der Sonnenlichtexposition und ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit vor und fordert Ärzte auf, sowohl die Risiken als auch die systemischen Vorteile zu berücksichtigen, wenn Empfehlungen für die öffentliche Gesundheit formuliert werden. Obwohl UV-Strahlung ein bekannter Risikofaktor für Hautkrebs ist, deuten neue Erkenntnisse auf erhebliche systemische Vorteile hin, die nicht vernachlässigt werden sollten.

Wichtige Punkte zur Berücksichtigung:

  1. Keine Hinweise auf eine erhöhte Gesamtsterblichkeit
    Trotz des nachgewiesenen Zusammenhangs zwischen UV-Strahlung und Hautkrebs gibt es keine Hinweise darauf, dass die Sonnenlichtexposition die Gesamtsterblichkeit erhöht. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, die Risiken von Hautkrebs mit breiteren gesundheitlichen Ergebnissen abzuwägen.

  2. Epidemiologische Hinweise auf die Vorteile von Sonnenlicht
    Studien aus dem Vereinigten Königreich und Schweden haben gezeigt, dass die Sonnenlichtexposition mit einer verringerten Gesamtsterblichkeit verbunden ist, einschließlich niedrigerer Raten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einigen Krebsarten. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Sonnenlicht über seine Rolle bei der Vitamin-D-Synthese hinaus schützende Wirkungen haben könnte.

  3. Vitamin-D-unabhängige Mechanismen
    Die Sonnenlichtexposition aktiviert Vitamin-D-unabhängige Mechanismen, wie die Photomobilisierung von Stickstoffmonoxid (NO) aus der Haut. Dieser Mechanismus trägt zur Senkung des Blutdrucks und zur Verbesserung der Herz-Kreislauf-Gesundheit bei, was die vielfältigen Vorteile der UV-Exposition verdeutlicht.

  4. Evolutionäre Einblicke in die Hautpigmentierung
    Die evolutionäre Entwicklung heller Haut in höheren Breitengraden wird oft auf die Notwendigkeit einer effizienten Vitamin-D-Synthese in Umgebungen mit geringer UV-Strahlung zurückgeführt. Es könnten jedoch auch andere Faktoren, wie eine verringerte Anfälligkeit für Infektionskrankheiten, eine Rolle gespielt haben.

  5. Stickstoffmonoxid (NO) und Herz-Kreislauf-Gesundheit
    Die Exposition gegenüber UVA- und UVB-Strahlung mobilisiert NO aus der Haut, was zu einer Vasodilatation, einer Senkung des Blutdrucks und einer verringerten Herz-Kreislauf-Morbidität führt. Dieser Mechanismus stellt eine entscheidende Verbindung zwischen Sonnenlichtexposition und systemischen Gesundheitsvorteilen dar.

  6. Weitere Wirkmechanismen
    Neben der NO-Mobilisierung kann die Sonnenlichtexposition die Immunfunktion durch Mechanismen wie die Produktion von cis-Urocaninsäure modulieren und die Genexpression beeinflussen. Diese Effekte erfordern weitere Untersuchungen, um ihre klinischen Auswirkungen vollständig zu verstehen.

  7. Kurzsichtigkeit und verringerte Zeit im Freien
    Die weltweit steigende Prävalenz von Kurzsichtigkeit wurde mit einer verringerten Zeit im Freien in Verbindung gebracht. Dieser Zusammenhang legt nahe, dass Sonnenlicht eine schützende Rolle für die Augengesundheit spielen könnte, was die derzeitigen Empfehlungen zur Sonnenvermeidung in Frage stellt.

  8. Das „Sonnenlicht-Quartett“: Krankheiten im Zusammenhang mit Sonnenlichtmangel
    Der Artikel führt das Konzept des „Sonnenlicht-Quartetts“ ein, das Erkrankungen identifiziert, die von einer UV-Exposition profitieren könnten, darunter Multiple Sklerose, Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes und COVID-19. Diese Zusammenhänge verdeutlichen die potenziellen Auswirkungen von Sonnenlichtmangel auf die öffentliche Gesundheit.

  9. Die Rolle des Hauttyps bei der Risiko-Nutzen-Bewertung
    Die Hautpigmentierung beeinflusst die biologische Reaktion auf UV-Strahlung erheblich. Ärzte müssen den individuellen Hauttyp berücksichtigen, wenn sie die Risiken und Vorteile der Sonnenlichtexposition bewerten, um personalisierte Empfehlungen geben zu können.

Fazit: Ein Plädoyer für eine umfassendere Perspektive

Die medizinische Gemeinschaft, insbesondere Dermatologen, sollte eine umfassendere Sicht auf die Sonnenlichtexposition einnehmen, die sowohl die Risiken als auch die systemischen Gesundheitsvorteile integriert. Obwohl die Prävention von Hautkrebs weiterhin Priorität hat, können die potenziellen Vorteile von Sonnenlicht für die Herz-Kreislauf-Gesundheit, die Immunfunktion und andere systemische Erkrankungen nicht ignoriert werden. Weitere Forschung ist erforderlich, um die zugrunde liegenden Mechanismen zu klären und die Leitlinien für die öffentliche Gesundheit zu verfeinern. Durch einen ausgewogenen Ansatz können Ärzte ihre Patienten besser versorgen und das allgemeine Wohlbefinden fördern.

Die Beziehung zwischen Sonnenlicht und menschlicher Gesundheit war im Laufe der Geschichte Gegenstand von Debatten und Entwicklungen. Während sich die moderne Dermatologie auf die Risiken von ultravioletter (UV-)Strahlung für die Haut, wie Krebs und vorzeitige Hautalterung, konzentriert, gibt es zunehmend Hinweise auf erhebliche systemische Vorteile der Sonneneinstrahlung. Dieser Artikel untersucht diese Vorteile und plädiert für eine Neubewertung unserer Sichtweise auf Sonnenlicht und plädiert für einen ganzheitlicheren Ansatz, der sowohl die Risiken als auch die gesundheitlichen Vorteile berücksichtigt.

Geschichte der Beratung zu UV-bedingtem Hautkrebs

Ultraviolette Strahlung (UVR) ist ein anerkanntes Umweltkarzinogen, wie epidemiologische, mechanistische und klinische Studiendaten bestätigen. Hautkrebs und Melanome treten bei hellhäutigen Bevölkerungsgruppen in sonnenreichen Ländern wie Australien und Südafrika häufiger auf als in Großbritannien, obwohl die epidemiologische Natur der Beziehung zwischen Sonneneinstrahlung und Melanomen weniger klar ist als bei Keratinozytenkrebs.

Die Gesundheitsberatung zur UV-Belastung konzentrierte sich im letzten Jahrhundert größtenteils auf diese schädlichen Auswirkungen. Unna stellte 1894 mit seiner Beschreibung von Seemans Haut erstmals den Zusammenhang zwischen UV-Belastung und Hautkrebs bei Seeleuten fest. Findlay lieferte 1928 den Beweis, dass UV-Strahlen tatsächlich das ursächliche Karzinogen sind, indem er zeigte, dass die Bestrahlung von Mäusen mit einer Quecksilberdampflampe Epithelneoplasien verursachte. Auf der Grundlage dieser Daten wurden im nächsten Jahrhundert bessere Sonnenschutzmittel entwickelt, zunächst durch Verhaltens- und Kleidungsänderungen und seit den 1940er Jahren durch eine kontinuierlich weiterentwickelte Palette immer wirksamerer UV-Filter. Sonnenschutzmittel verhindern Sonnenbrand, Hautalterung und Plattenepithelkarzinome bei Menschen mit heller Haut. Es gibt jedoch keine Beweise dafür, dass erhöhte Sonneneinstrahlung die Sterblichkeit aus allen Gründen erhöht oder dass Sonnenvermeidung die Lebensdauer verlängert.

Epidemiologische und evolutionäre Beweise

Homo sapiens entwickelte sich vor etwa 150.000 Jahren in Afrika. Die Divergenz zwischen unseren Hominiden-Vorfahren und ihren Primaten-Vorfahren beinhaltete den Verlust der Körperbehaarung und die Entwicklung umfangreicher Schweißdrüsen. Die zahlreichen Schweißdrüsen in der haarlosen Endhaut ermöglichen den Wärmeverlust durch Verdunstung, was der Gattung Homo für anhaltende Aktivität geeignet war, die für die Jagd auf nahrhafte Beutearten erforderlich war. Durch den Haarverlust wurde unsere nackte Epidermis jedoch direkt UV-Strahlen ausgesetzt. Innerhalb afrikanischer menschlicher Populationen zeigen strenge Beschränkungen der MC1R-Allele, die Eumelanin kodieren, dass dunkle Haut die bevorzugte evolutionäre Anpassung an diese Umgebung war.

Mit der Ausbreitung von Afrika in lichtarme Umgebungen gingen diese Einschränkungen verloren und es entwickelten sich eine Reihe hellhäutiger Varianten, nicht nur in MC1R, sondern auch in anderen Genen, insbesondere KITLG in Ostasien und SLC24A5 und SLC45A2 in Europa. Diese wiederholte und unabhängige Evolution heller Haut bei Populationen, die in höheren Breitengraden mit geringerer UV-Strahlung leben, unterstreicht die Bedeutung der Sonneneinstrahlung für die Gesundheit, sagt uns jedoch wenig über die Mechanismen, die diesen evolutionären Fitnessgewinn bewirken.

Aus evolutionärer Sicht wurde die Auswahl heller Haut bei Bevölkerungen, die aus Afrika in höhere Breitengrade migrierten, auf die Notwendigkeit zurückgeführt, Vitamin D in Umgebungen mit geringerer UV-Strahlung zu synthetisieren. Neuere Forschungen deuten jedoch darauf hin, dass andere Mechanismen, wie etwa die Verringerung von Infektionskrankheiten, diese Anpassung vorangetrieben haben könnten.

Sonnenlicht und Sterblichkeit aus allen Ursachen

Die Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses ist eine zentrale ärztliche Kompetenz und wird im Umgang mit Patienten bewusst oder unbewusst praktiziert.

Wenn wir eine Behandlung verschreiben, berücksichtigen wir die Indikation (Nutzen) und das Nebenwirkungsprofil (Risiko). Epidemiologisch gesehen stellt die Sterblichkeit aus allen Ursachen eine genaue Zusammenfassung der Risiken und Vorteile jeder Exposition dar und sollte in gleicher Weise als Leitfaden für Empfehlungen der öffentlichen Gesundheit dienen.

Genau quantifizierte Anstiege der Sterblichkeit aus allen Ursachen bestätigen die schädlichen Auswirkungen von Bluthochdruck, Rauchen, Bewegungsmangel, schlechter Ernährung, Luftverschmutzung, Armut, hohem Cholesterinspiegel, Fettleibigkeit, unzureichender Ernährung im Kindesalter und vielen anderen Faktoren auf die Gesundheit. Die aus diesen Risikofaktoren resultierenden Krankheiten sind vielfältig, aber alle Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitswesens zu ihrer Eindämmung basieren auf einer soliden Beweislage, die auf eine Verlängerung der gesunden Lebensspanne abzielt.

Es liegen keine Daten vor, die einen Zusammenhang zwischen erhöhter Sterblichkeit jeglicher Ursache und Sonneneinstrahlung feststellen, obwohl die krebserregende Wirkung von UV-Strahlen auf die Haut bekannt ist.

Überraschenderweise konnte trotz der bekannten Risiken für die Haut kein direkter Zusammenhang zwischen Sonneneinstrahlung und erhöhter Sterblichkeit aus allen Gründen festgestellt werden. Tatsächlich deuten Studien in Großbritannien und Schweden darauf hin, dass eine erhöhte Sonneneinstrahlung mit einer geringeren Sterblichkeit, einschließlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs, einhergeht.

Zwei große prospektive Kohortenstudien aus Nordeuropa bringen eine erhöhte Sonnenexposition mit einer geringeren Sterblichkeit aus allen Ursachen in Zusammenhang. In der Southern Sweden Melanoma Study wurden 30.000 schwedische Frauen 25 Jahre lang beobachtet, wobei ihr Sonnensuchverhalten und relevante Störfaktoren zu Beginn aufgezeichnet wurden. 25 Jahre nach der Aufnahme in die Studie war das Sonnensuchverhalten umgekehrt proportional zur Sterblichkeit aus allen Ursachen, obwohl bei Frauen mit höherer Sonnenexposition eine höhere Inzidenz von Melanomen auftrat. Die Verringerung der Sterblichkeit aus allen Ursachen war insbesondere mit einer geringeren Rate kardiovaskulärer Todesfälle verbunden.

Wir haben die viel größere Kohorte der UK Biobank analysiert, die den Zusammenhang zwischen Sonneneinstrahlung und Sterblichkeit aus allen Ursachen bei rund 377.000 Teilnehmern mit weißer Hautfarbe untersucht. Dabei wurden zwei unabhängige Messungen der Sonneneinstrahlung (Wohnbreite und Nutzung von Sonnenbänken oder Liegestühlen) verwendet, und ihre Genauigkeit als Messung der Sonneneinstrahlung wurde durch ihre Verbindung mit höheren gemessenen Vitamin-D-Werten bestätigt. Die Richtung der Störfaktoren war für jede Messung der UV-Einstrahlung unterschiedlich; in beiden Fällen korrelierte jedoch eine erhöhte Sonneneinstrahlung mit einer verringerten Sterblichkeit aus allen Ursachen, insbesondere einer verringerten kardiovaskulären Sterblichkeit, aber auch einer verringerten Krebssterblichkeit (einschließlich Hautkrebs).

Die Sterblichkeit aus allen Ursachen verringerte sich mit einem Risikoverhältnis von 0,94 (95%-Konfidenzintervall = 0,92–0,96) pro 300 km weiter südlich (und damit höherer Sonneneinstrahlung), nachdem demografische, sozioökonomische, verhaltensbezogene und klinische Störfaktoren bereinigt wurden. Dies entspricht einer Verlängerung der Lebenserwartung um 16 Tage pro 300 km niedrigerer Breite. Daten aus diesen beiden unabhängigen Studien bestätigen, dass für weißhäutige Bewohner nordeuropäischer Länder die Vorteile der Sonneneinstrahlung die Risiken überwiegen.

Überlegungen zur Hautfarbe

Bei der Beurteilung der Risiken und Vorteile von Sonneneinstrahlung ist es wichtig, die Hautfarbe zu berücksichtigen, da die biologische Reaktion auf UV-Strahlung je nach Pigmentierung variiert. Menschen mit dunkler Haut haben eine geringere Fähigkeit, Vitamin D zu synthetisieren und Stickstoffmonoxid aus der Haut freizusetzen, was Unterschiede in der Krankheitsprävalenz zwischen Bevölkerungsgruppen erklären könnte.

Mehr als nur Vitamin D

Epidemiologische und evolutionäre Erkenntnisse deuten auf erhebliche Vorteile der Sonneneinstrahlung hin, offenbaren jedoch nicht die Mechanismen. Die Bildung von Vitamin D ist das am besten untersuchte UV-abhängige Biomolekül. UVB-Strahlung ist für die epidermale Bildung von Cholecalciferol, dem Vorläufer des aktiven Vitamins D3, 1,25-Dihydroxycholecalciferol, erforderlich. Der gemessene Vitamin-D-Spiegel (normalerweise einzeln 25-hydroxyliertes Hydroxycholecalciferol) dient als nützlicher Biomarker für die UVB-Sonneneinstrahlung, wie saisonale Schwankungen des Vitamin-D-Spiegels mit einem Tiefpunkt in den Wintermonaten zeigen. Der Kalzium- und Phosphatstoffwechsel hängt von Vitamin D ab, und niedrige Vitamin-D-Spiegel aufgrund unzureichender Ernährung oder Sonneneinstrahlung verursachen bei Kindern Rachitis und bei Erwachsenen Osteomalazie.

Obwohl Vitamin D für die Knochengesundheit unerlässlich ist, hat eine orale Ergänzung keine durchgängigen Vorteile bei der Vorbeugung chronischer Krankheiten gezeigt. Dies deutet auf die Existenz anderer Mechanismen hin, durch die Sonnenlicht die Gesundheit fördert. Einer der am besten untersuchten ist die Photomobilisierung von Stickstoffmonoxid (NO) aus der Haut. UV-Bestrahlung, insbesondere UVA und UVB, setzt NO aus den Hautreservoirs frei, was die Arterien erweitert.

und senkt den Blutdruck und verringert so das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Mechanismen, Stickstoffmonoxid und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Bluthochdruck ist weltweit die häufigste Ursache für behinderungsbedingte Lebensjahre und für 18 % aller Todesfälle weltweit verantwortlich. Der Blutdruck in der Bevölkerung korreliert direkt mit dem Breitengrad, sodass etwa 25 % der Blutdruckschwankungen in der Zeit vor der Einführung blutdrucksenkender Behandlungen durch den Breitengrad erklärt werden können. Auch die Jahreszeit hat einen starken Einfluss auf den Blutdruck.

Gemessene Vitamin-D-Werte korrelieren umgekehrt mit dem Blutdruck, sodass bei Personen mit Vitamin-D-Werten im höchsten Quartil die Wahrscheinlichkeit, an Bluthochdruck zu erkranken, halb so hoch ist wie bei Personen im niedrigsten Quartil. Orale Vitamin-D-Präparate haben jedoch keinen Einfluss auf den Blutdruck, sodass der verantwortliche Faktor eine unabhängige Wirkung von Vitamin D sein muss.

In einer epidemiologischen Studie mit über 340.000 Dialysepatienten in den USA, deren Blutdruck dreimal wöchentlich gemessen wird und die in über 2.000 verschiedenen Dialysezentren in den gesamten Vereinigten Staaten behandelt und über 2 Jahre lang beobachtet werden, konnten wir die Beziehung zwischen UV-Strahlen und Blutdruck untersuchen, wobei wir die Temperatur berücksichtigten und die Auswirkungen von Wellenlänge und Hautfarbe auf diese Beziehung untersuchten. Wir konnten bestätigen, dass die UV-Belastung unabhängig von der Temperatur umgekehrt proportional zum Blutdruck ist und dass die günstige blutdrucksenkende Wirkung von UV-Strahlen bei weißen Amerikanern stärker ausgeprägt ist als bei schwarzen Amerikanern und bei UVB stärker ist als bei UVA.

Myopie und die Entwicklung ophthalmologischer Leitlinien zur Mindestverweildauer im Freien

Die Zahl der Fälle von Kurzsichtigkeit nimmt weltweit zu.

Vor drei Generationen litten etwa 20–30 % der Kinder in Ostasien an Kurzsichtigkeit, heute sind es zwischen 80 und 90 %.

Myopie ist ein Risikofaktor für Netzhautablösung, grünen Star und grauen Star und ist auf dem besten Weg, in Europa und weltweit die häufigste Ursache für schwere Sehbehinderungen und vermeidbare Blindheit zu werden.

Myopie ist eng mit einer geringeren Zeit im Freien verbunden, aber der Zusammenhang mit davon unabhängiger Naharbeit bleibt ungewiss, und das International Myopia Institute geht mittlerweile davon aus, dass der Zusammenhang zwischen geringerer Zeit im Freien und Myopie stärker ist als der Zusammenhang mit Naharbeit. Daten aus klinischen Studien zeigen, dass eine erhöhte Zeit, die Kinder im Freien verbringen, das Risiko einer Myopieentwicklung verringert und die Zunahme von Fehlsichtigkeiten verringert.

Der Mechanismus, durch den das Verweilen im Freien zu Kurzsichtigkeit führt, ist noch unklar. Die epidemiologischen und experimentellen Daten sind jedoch so stark, dass die American Academy of Ophthalmology und die International Myopia Working Group nun empfehlen, dass Kinder mindestens 8 bis 15 Stunden pro Woche im Freien verbringen, um das Risiko einer Kurzsichtigkeit zu verringern. Dies steht im Gegensatz zu der Empfehlung der Dermatologen in Großbritannien, Sonnenlicht zu meiden und zwischen 11 und 15 Uhr Schatten aufzusuchen.

Andere Mechanismen und Krankheiten

Das Konzept des „Sonnenlichtquartetts“ wurde vorgeschlagen, um Krankheiten zu identifizieren, die von UV-Bestrahlung profitieren könnten. Dieses Quartett umfasst Erkrankungen, die Folgendes aufweisen:

  • Breitengradient: Höhere Prävalenz in höheren Breitengraden.
  • Saisonale Schwankungen: Höhere Inzidenz im Winter.
  • Zusammenhang mit Vitamin D: Ein niedriger Vitamin-D-Spiegel ist mit einem höheren Risiko verbunden.
  • Unwirksamkeit einer Vitamin-D-Ergänzung: Eine Ergänzung verringert weder das Risiko noch die Schwere der Erkrankung.

Beispiele für Krankheiten, die diese Kriterien erfüllen, sind Multiple Sklerose, Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes und COVID-19. Im Fall von COVID-19 haben einige Studien einen Zusammenhang zwischen UV-Bestrahlung und geringerer Sterblichkeit gezeigt, möglicherweise aufgrund der Virusinaktivierung durch UV-Strahlung und der immunmodulatorischen Wirkung des Sonnenlichts.

Empfehlungen überdenken

Aktuelle Erkenntnisse legen nahe, dass ein Paradigmenwechsel in unserer Sichtweise auf Sonnenlicht notwendig ist. Empfehlungen zur Vermeidung von Sonnenlicht müssen unter Berücksichtigung der Hautfarbe, der systemischen Vorteile und der Risiken für die Haut neu bewertet werden. Weitere Forschung ist erforderlich, um die Wirkungsmechanismen des Sonnenlichts und seine langfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit vollständig zu verstehen.

Wichtige Punkte

  • Die Einwirkung von Sonnenlicht hat über die Vitamin-D-Synthese hinaus systemische Vorteile.
  • Die Photomobilisierung von Stickstoffmonoxid in der Haut senkt den Blutdruck und die kardiovaskuläre Morbidität.
  • Es gibt Belege dafür, dass UV-Bestrahlung bei Erkrankungen wie Multipler Sklerose, Typ-2-Diabetes und COVID-19 von Nutzen sein könnte.
  • Empfehlungen zur Vermeidung von Sonnenlicht müssen unter Berücksichtigung der Hautfarbe und der systemischen Vorteile neu bewertet werden.
  • Weitere Forschungen zu den Wirkmechanismen und gesundheitlichen Auswirkungen des Sonnenlichts sind von entscheidender Bedeutung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Sonnenlicht nicht nur Risiken, sondern auch erhebliche gesundheitliche Vorteile birgt. Es ist an der Zeit, einen ausgewogeneren Ansatz zu verfolgen, der es den Menschen ermöglicht, die Vorteile des Sonnenlichts sicher und verantwortungsbewusst zu nutzen und dabei individuelle Besonderheiten und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu berücksichtigen.